Wien (OTS) – Wien, am 9. Oktober 2025. Die Psyche junger Menschen ist
weiterhin
vielen Belastungen ausgesetzt, meldet der psychosoziale
Beratungsdienst Rat auf Draht anlässlich des Tages der psychischen
Gesundheit am 10. Oktober 2025. „Die erhoffte Verschnaufpause für die
psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen lässt weiterhin
auf sich warten“, erklärt Birgit Satke, Leiterin des Beratungsteams
von Rat auf Draht, Österreichs einziger Notrufnummer für Kinder und
Jugendliche. So wurden in den ersten neun Monaten 2025 insgesamt 4486
Beratungen zur psychischen Gesundheit geführt, was in etwa auch dem
Vorjahreszeitraum entspricht. Die Top-Themen dieser Kategorie waren
Auskunft zur psychosozialen Versorgung (1.364 Beratungen),
Suizidalität (878 Beratungen), selbstverletzendes Verhalten: 507
Beratungen, Depression/Verstimmung: (451 Beratungen) sowie Angst- und
Zwangsstörungen (325 Beratungen).
Deutliche Anstiege bei Angst, Trauma und Schlafstörungen
Besonders auffällig sind die deutlichen Anstiege bei Angst- und
Zwangsstörungen (44,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum),
Trauma (25 Prozent) und Schlafstörungen (22,9 Prozent). „Bei Traumata
handelt es sich sehr oft um Bindungstraumata, die Verlust und
Trennung, Gewalt und Missbrauch, Vernachlässigung umfassen können.
Auch das School-Shooting in Graz kann heuer für den doch deutlichen
Anstieg mitverantwortlich sein“, sagt Satke. Ebenso signifikante
Zuwächse gab es bei Anfragen zum Thema Suizidalität (9,5 Prozent).
Auch Essstörungen haben mit einem Plus von 9,2 Prozent wieder
zugenommen.
Mehr weibliche Anruferinnen, Teenager besonders belastet
Der überwiegende Teil der Beratungen zu psychischer Gesundheit
wird bei Rat auf Draht mit weiblichen Klientinnen durchgeführt (67,6
Prozent), während sich dazu 29,3Prozent männliche Klienten melden (
0,7 Prozent sind divers und 2,37 Prozent unbekannt). Was das Alter
betrifft, so melden sich die 15 bis 18-Jährigen am häufigsten zu
diesem Thema, gefolgt von der Gruppe der 19 bis 24-Jährigen. Aber
auch vor den Jüngeren machen psychische Belastungen nicht halt:
„Während der Anteil an Volksschüler:innen noch sehr gering ist, macht
der Anteil der 11 bis 14-Jährigen allerdings bereits 15 Prozent aller
Beratungen zur psychischen Gesundheit aus“, erklärt Satke.
Viele Einflüsse
„Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wird
durch ein komplexes Zusammenspiel aus familiären, sozialen,
individuellen und umweltbezogenen Faktoren beeinflusst“, so die
Expertin. Darunter fallen unter anderem genetische Veranlagung,
Leistungsdruck, finanzielle Benachteiligung, soziale Beziehungen
sowie globale Krisen. All diese Faktoren können das Risiko für
psychische Probleme erhöhen, während das Vorhandensein von Ressourcen
die psychische Gesundheit fördern kann. „Ein stabiles familiäres und
soziales Umfeld, Unterstützung in der Peer-Group sowie positive
Ressourcen wie eine optimistische Haltung und Selbstwirksamkeit
wirken hingegen als Schutzfaktoren“, so Satke.
Die Rolle von Social Media
Einen besonders starken Einfluss übt seit einiger Zeit Social
Media aus. „Vor allem der ständige Vergleich mit unrealistischen, oft
bearbeiteten Darstellungen, kann den Selbstwert von Jugendlichen
senken sowie das Selbstvertrauen negativ beeinflussen und somit
Angstzustände oder Depressionen fördern. Die Konfrontation mit
unerreichbaren Schönheitsidealen kann die Entwicklung von
Essstörungen begünstigen und das Körperbild negativ beeinflussen“,
sagt Satke. Darüber hinaus erleichtert die Anonymität im Netz Cyber-
Mobbing, Beleidigungen und Belästigungen, was für Jugendliche
besonders belastend ist und sich negativ auf ihre psychische
Gesundheit auswirken kann. Satke: „Jugendliche mit einem geringen
Selbstwert und psychischen Belastungen suchen oft Trost in sozialen
Medien, was die Probleme noch zusätzlich verstärken kann.
Beunruhigend sind auch diverse Tests und Tools, mit denen sich
Jugendliche selbst mit psychischen Erkrankungen diagnostizieren.“
Erstanlaufstelle, Drehscheibe und Präventivarbeit
Niederschwellige Beratungsangebote wie Rat auf Draht sind für die
psychische Gesundheit junger Menschen sehr wichtig, denn Kinder und
Jugendliche können anonym über ihre Ängste und Sorgen sprechen ohne
Konsequenzen fürchten zu müssen. „Wir verstehen uns als
Erstanlaufstelle, klären unsere Zielgruppe unter anderem über die
psychosoziale Landschaft in Österreich auf, verweisen bei Bedarf auch
an weiterführende Stellen vor Ort und können junge Menschen auch
mittels Konferenzschaltung zu anderen Einrichtungen verbinden. Somit
nehmen wir eine wichtige Drehscheibenfunktion ein“, sagt Satke. Zudem
spielt der präventive Aspekt in den Beratungen eine wichtige Rolle,
damit es im Idealfall erst gar nicht zu einer psychischen Belastung
oder Erkrankung kommt.
Rat auf Draht Club gegründet
Um diese wichtige Funktion weiter ausüben und das Angebot
kontinuierlich ausbauen zu können, ist Rat auf Draht auf die
Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. Denn Rat auf Draht wird im
Schnitt zu über 50 Prozent aus Spenden finanziert, die sicherstellen,
dass die über 130 täglichen Beratungsgespräche mit jungen Menschen
geführt werden können. Daher wurde kürzlich der Rat auf Draht Club
ins Leben gerufen, der ab sofort unter http://www.rataufdraht.club
erreichbar ist. Dort erhalten Unterstützer:innen einen detaillierten
Einblick in das vielfältige Beratungsangebot von Rat auf Draht und
haben direkt die Möglichkeit, Mitglied es Clubs zu werden und Rat auf
Draht mit einem regelmäßigen Betrag zu unterstützen. Um darauf
aufmerksam zu machen, fährt aktuell auch eine eigens im Rat auf Draht
-Club Design gebrandete Straßenbahn durch Wien.
Der neue Rat auf Draht Club – jetzt Mitglied werden und
unterstützen unter: www.rataufdraht.club