Ein Begriff mit dunkler Geschichte
Am 2. Oktober 2025 schlug eine Pressemitteilung des Dachverbands Österreichischer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen (DÖJ) und FICE Austria hohe Wellen. Der Grund? Der umstrittene Begriff „Erziehungsanstalten“, den die Familienministerin in einer aktuellen Debatte verwendet hatte. Doch was steckt hinter diesem Begriff, der so viel Unruhe stiftet?
Die historische Bürde der Erziehungsanstalten
„Erziehungsanstalten“ – ein Begriff, der Erinnerungen an vergangene Zeiten weckt, als Kinder und Jugendliche in solchen Einrichtungen nicht selten Missbrauch und Gewalt erlebten. Diese dunkle Vergangenheit macht das Wort zu einem Symbol für Unterdrückung und fehlende Unterstützung. In der heutigen Zeit, in der Vertrauen und Unterstützung im Mittelpunkt der Jugendhilfe stehen sollten, wirkt ein solcher Begriff mehr als unzeitgemäß.
Der DÖJ-Geschäftsführer Hubert Löffler äußerte sich besorgt: „Dieser Begriff ist historisch belastet und steht für Gewalt, Missbrauch und Unterdrückung – nicht für die Unterstützung, die Kinder und Jugendliche heute benötigen.“
Die aktuelle Debatte: Ein Rückschritt für die Jugendhilfe?
Die Diskussion um die Verwendung des Begriffs „Erziehungsanstalten“ entflammte, als die Familienministerin vorschlug, Jugendliche in solchen Einrichtungen unterzubringen. Dies stieß nicht nur bei den Jugendhilfeorganisationen auf Kritik, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit. Viele fragen sich: Sind wir auf dem Weg zurück in die Vergangenheit?
Christian Posch von FICE Austria betont: „Gerade angesichts der Veröffentlichung neuer Missstände in der Kinder- und Jugendhilfe braucht es Sprache und Konzepte, die Vertrauen schaffen.“
Vergleich mit anderen Ländern
Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass Österreich nicht allein mit diesem Problem dasteht. In Deutschland beispielsweise wurde der Begriff „Erziehungsanstalten“ bereits vor Jahrzehnten aus dem offiziellen Sprachgebrauch gestrichen. Stattdessen setzt man auf Begriffe wie „Jugendhilfeeinrichtungen“ oder „pädagogische Zentren“, die den Fokus auf Unterstützung und Entwicklung legen.
Diese Entwicklung zeigt, dass der Wandel in der Sprache auch den Wandel in der Gesellschaft widerspiegelt. Doch wie kann Österreich diesen Wandel vollziehen?
Die Forderungen der Jugendhilfeorganisationen
DÖJ und FICE Austria fordern eine Abkehr von überholten Begrifflichkeiten und legen den Fokus auf die Bereitstellung von mehr Ressourcen für Prävention und qualifizierte Betreuung. In einem kürzlich im Bundeskanzleramt vorgelegten Positionspapier betonen sie die Notwendigkeit von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
- Mehr Ressourcen für Prävention
- Qualifizierte Betreuung für Jugendliche
- Abkehr von belasteten Begriffen
- Einbeziehung von Fachkräften in die Diskussion
Die Organisationen laden die Familienministerin Claudia Plakolm ein, die Diskussionen gemeinsam mit Fachkräften und Trägern weiterzuführen, um tragfähige Lösungen zu entwickeln, die die Jugendhilfe zukunftsfähig machen.
Die Auswirkungen auf die Bürger
Für die Bürger bedeutet diese Debatte mehr als nur ein diskursives Tauziehen. Es geht um das Vertrauen in die Institutionen, die dafür verantwortlich sind, unsere Kinder und Jugendlichen zu schützen und zu fördern. Die Sprache, die wir verwenden, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sie kann entweder Vertrauen schaffen oder Misstrauen säen.
Ein fiktiver Sozialarbeiter kommentiert: „Wenn wir in der Öffentlichkeit von ‚Erziehungsanstalten‘ sprechen, dann senden wir das falsche Signal. Es ist, als ob wir sagen, dass die Methoden von gestern noch heute gelten. Das ist nicht das, was wir für unsere Kinder wollen.“
Ein Blick in die Zukunft
Wie wird sich die Situation weiterentwickeln? Experten sind sich einig, dass ein Umdenken in der Sprache der erste Schritt sein muss. Doch das alleine reicht nicht. Es bedarf einer umfassenden Reform der Jugendhilfe, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und die Bedürfnisse der Jugendlichen in den Mittelpunkt stellt.
Ein Zukunftsszenario könnte so aussehen: Die Jugendhilfeeinrichtungen in Österreich werden zu Zentren der Innovation, in denen neue pädagogische Konzepte entwickelt und erprobt werden. Die Sprache, die verwendet wird, ist positiv, unterstützend und zukunftsgerichtet. Die Bürger haben Vertrauen in das System und wissen, dass ihre Kinder in guten Händen sind.
Fazit
Die Debatte um den Begriff „Erziehungsanstalten“ ist mehr als nur ein Streit um Worte. Sie ist ein Spiegelbild der Herausforderungen, vor denen die Jugendhilfe steht. Es liegt an uns allen, die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen, in der Vertrauen und Unterstützung im Mittelpunkt stehen.